Ein wegweisendes Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (Az: 2 O 459/24) sorgt derzeit für Aufsehen in der Welt der Kleingärtner – und könnte das Verhältnis zwischen Tradition und Energiewende dauerhaft verändern. Im Mittelpunkt: eine Familie aus dem Kleingartenverein „Querbeet“, die sich mit ihrer kleinen Photovoltaikanlage – einem sogenannten Balkonkraftwerk – gegen den Widerstand des Vorstands erfolgreich zur Wehr setzte.
Strom vom eigenen Gartenhausdach
Die Familie Wiesner hatte sich für ein Balkonkraftwerk auf dem Dach ihrer Gartenlaube entschieden – aus ganz praktischen Gründen. Kühlschrank, Beleuchtung und Elektrogeräte benötigen Strom, und die Strompreise steigen stetig. Gleichzeitig wollten sie ein Zeichen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit setzen. Auch andere Pächter im Verein planten bereits ähnliche Maßnahmen.
Doch der Vorstand des Vereins sah in der Nutzung von Balkonkraftwerken einen Verstoß gegen die geltende Vereinssatzung – und forderte deren Entfernung. Die Begründung: Die Solarmodule seien bauliche Veränderungen, die in der Anlage nicht vorgesehen seien.
Gericht stärkt das Recht auf erneuerbare Energien
Der Fall landete vor dem Landgericht Dessau-Roßlau. In seinem Urteil vom 30. April 2025 positionierte sich das Gericht klar: Das Betreiben von Balkonkraftwerken im Kleingarten darf von Vereinen nicht pauschal untersagt werden. Es brauche triftige Gründe – bloße formale Verweise auf Satzungen reichen nicht aus. Die Richter betonten, dass das öffentliche Interesse an der Nutzung Erneuerbarer Energien schwerer wiegt als starre Regelwerke einzelner Kleingartenvereine.
Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, doch es sendet ein starkes Signal an Kleingärtner in ganz Deutschland – und dürfte für Diskussionen in vielen Vereinsvorständen sorgen.
Balkonkraftwerke: Ideal für den Kleingarten
Balkonkraftwerke sind kleine Photovoltaik-Systeme, die einfach zu installieren sind – sei es an der Laube, am Gartenzaun oder auf einem Geräteschuppen. Sie speisen den erzeugten Strom direkt ins eigene Netz ein und helfen, die laufenden Kosten zu senken. Auch moderne digitale Stromzähler stellen dabei kein Hindernis mehr dar. Damit passen sie ideal in das Konzept eines nachhaltigen, ressourcenschonenden Lebensstils.
Rechtlicher Rahmen: Was dürfen Kleingärtner wirklich?
Kleingärten unterliegen dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) sowie den jeweiligen Vereinssatzungen. Letztere regeln meist sehr strikt, was erlaubt ist – von der Größe der Laube bis hin zu Fahnenmasten oder Feuerstellen. Doch die jüngste Gerichtsentscheidung zeigt: Die Energiewende macht auch vor den Kleingartenzäunen nicht Halt. Wo früher allein das Regelwerk der Satzung maßgeblich war, gewinnen nun Klimaschutz und Energiefreiheit an Gewicht.
Fazit: Ein Etappensieg für die Energiewende
Mit dem Aktenzeichen 2 O 459/24 hat das Landgericht Dessau-Roßlau ein klares Zeichen gesetzt: Die Energiewende ist nicht nur Aufgabe großer Akteure – auch Kleingärtner dürfen und sollen ihren Beitrag leisten. Vereine müssen künftig genau abwägen, bevor sie der Nutzung erneuerbarer Energien Steine in den Weg legen. Für viele dürfte dies ein Ansporn sein, die eigene Parzelle nicht nur für Tomaten und Rosen, sondern auch für saubere Energie zu nutzen.