Die Energiewende ist längst auch auf deutschen Dächern angekommen. Photovoltaik (PV) gilt als Hoffnungsträger für eine klimafreundliche, kostensparende Zukunft – sei es auf dem Hausdach oder dem Balkon. Doch mit dem Boom der Solartechnik mehren sich auch Missverständnisse. Die Verbraucherzentrale NRW hat vier der häufigsten Irrtümer rund um Photovoltaik beleuchtet – und wir zeigen, was wirklich dahintersteckt.
Irrtum 1: „Mit PV-Anlage und Speicher bin ich autark vom Netz“
Ein weitverbreiteter Wunschgedanke – aber nur selten Realität. Wie die Verbraucherzentrale NRW in einer aktuellen Pressemeldung betont, liegt der sogenannte Autarkiegrad selbst bei einer gut geplanten Anlage mit Batteriespeicher meist nur zwischen 25 und 90 Prozent – stark abhängig vom Verbrauchsprofil und der Größe der Anlage. Komplett unabhängig wird man nur mit saisonalen Speichern (z. B. auf Wasserstoffbasis) – diese sind jedoch für Einfamilienhäuser technisch komplex und wirtschaftlich kaum sinnvoll.
Ein Blick in Fachpublikationen wie das Fraunhofer ISE zeigt: Im Winterhalbjahr liefern PV-Anlagen in Deutschland nur rund 20 % des Jahresertrags, bei gleichzeitig steigendem Strombedarf. Eine netzunabhängige Stromversorgung bleibt damit (vorerst noch) Utopie.
Irrtum 2: „Ohne Speicher lohnt sich Photovoltaik nicht“
Falsch – und zwar aus mehreren Gründen. Zwar sinkt die Einspeisevergütung stetig (aktuell meist unter 8 Cent/kWh), während Netzstrom rund 35 Cent/kWh kostet. Dennoch lohnt sich PV auch ohne Speicher, vor allem bei hohem Eigenverbrauch. Wer tagsüber zuhause ist oder Geräte wie Waschmaschine und Spülmaschine gezielt nutzt, kann den erzeugten Strom direkt verbrauchen und spart bares Geld.
Speicherlösungen sind teuer (oft zwischen 5.000 und 10.000 €) und rechnen sich nur bei entsprechendem Strombedarf. Eine individuelle Wirtschaftlichkeitsrechnung, z. B. durch eine Energieberatung (z. B. durch die Verbraucherzentrale oder zertifizierte Energieberater), hilft bei der Entscheidungsfindung.
Irrtum 3: „Ein Süddach ist immer die beste Lösung“
Was auf den ersten Blick logisch erscheint, erweist sich in der Praxis nicht immer als optimal. Zwar liefern Süddächer den höchsten Gesamtertrag, doch Ost-West-Ausrichtungen haben einen entscheidenden Vorteil: Die Sonnenstunden verteilen sich über den Tag – von morgens bis in den späten Nachmittag.
Das erhöht den Eigenverbrauchsanteil, da der produzierte Strom genau dann zur Verfügung steht, wenn er gebraucht wird. Das Ergebnis: Mehr Unabhängigkeit vom Netzstrom und eine geringere Stromrechnung. Laut Studien von HTW Berlin kann der Eigenverbrauch durch Ost-West-Anlagen um bis zu 15 % steigen – und das ist für viele Haushalte wichtiger als der absolute Maximalertrag.
Irrtum 4: „Mit einem Steckersolargerät kann ich meine Kaffeemaschine betreiben“
Ein Klassiker unter den Irrtümern – und einer, der oft falsch verstanden wird. Steckersolargeräte, oft als Balkonkraftwerke bezeichnet, leisten meist bis zu 800 Watt. Das reicht, um Geräte mit konstanter Grundlast zu versorgen – wie Kühlschrank, WLAN-Router oder Wecker. Doch stromhungrige Geräte wie Kaffeemaschinen oder Wasserkocher benötigen kurzfristig über 2.000 Watt. Hier springt automatisch das Netz ein – die Solarenergie wird nur anteilig genutzt.
Das heißt: Balkonkraftwerke sind ein Beitrag zur Stromkostensenkung, aber kein Ersatz für reguläre Stromversorgung. Wer realistische Erwartungen hat, wird dennoch langfristig profitieren – insbesondere Mieter:innen ohne eigene Dachfläche.
Fazit: Wissen schützt vor Enttäuschung
Die Verbraucherzentrale NRW bringt es auf den Punkt: Wer sich vor der Investition mit den tatsächlichen Leistungsmöglichkeiten und wirtschaftlichen Aspekten der Photovoltaik auseinandersetzt, kann das Potenzial der Solarenergie optimal ausschöpfen. Dabei helfen:
- Kostenlose Energieberatung durch die Verbraucherzentrale für Kunden in NRW: zur Website
- Ratgeber „Photovoltaik“ zum Download oder Bestellen: hier erhältlich
- Weitere Infos zu PV-Anlagen und Balkonkraftwerken:
Wer tiefer einsteigen will, findet aktuelle Studien und Praxisbeispiele auch beim Fraunhofer ISE und bei der HTW Berlin – Stromspeicher-Inspektion.